Das Deutschordenskreuz am Rödersdorfer Kirchturm

Eine Besonderheit stellt schließlich das unmittelbar über den rundbogig ausgeführten Fenster an der Westseite des Turmuntergeschosses halbbündig eingefügte Deutschordenskreuz dar, welches aus Sandstein gefertigt ist. Die gleichschenkligen Kreuzbalken verjüngen sich dabei zum Kreuzmittelpunkt beträchtlich, es weist daher Übereinstimmung mit anderen bekannten Deutschordenskreuzen auf. Dieser hier eingesetzte Kreuzstein führte bei älteren Forschungen zu dem Ergebnis, dass die in Schleiz ansässigen Deutschordensherren als Besitzer und Bauherren der Rödersdorfer Kirche angesehen wurden. Man übersah aber dabei, dass dieses "Deutschordenskreuz" bereits mit Ziegelsteinen ins Bruchsteinmauerwerk, also im nachhinein, eingesetzt worden war, ebenso weist auch das im Ziegelverband rundbogig ausgeführte unmittelbar darunter befindliche Fenster auf eine jüngere Entstehungszeit hin (gleiches gilt auch für das Turmfenster an der Ostseite). B. Schmidt hat dann herausfinden können, wie es wohl zur Einsetzung dieses Kreuzsteines gekommen ist. Nach seiner Darstellung ist das Deutschordenskreuz den Aktivitäten des Schleizer Superintendenden Gabriel Hartung d, J. zuzuschreiben, der von 1692 bis 1701 als Nachfolger seines gleichnamigen Vaters dieses kirchliche Amt begleitete. Er galt als kunstsinniger Pfleger längst vergangener Kunstwerke.

Die Rödersdorfer Kirche aus östlicher Blickrichtung Wiederholt hat er sich durch eigene finanzielle Zuwendungen an der Bergkirche oder an der Wolfgangskapelle und eben an der Rödersdorfer Kirche verdient gemacht. Verschiedene Kunstgüter sind durch sein Wirken, eine vorweggenommene denkmalpflegerische Tätigkeit, vor dem Verfall oder gar der Vernichtung bewahrt geblieben. Nach B. Schmidt war er es, der an der Wolfgangskapelle, am Fuße der Bergkirche, Deutschordenskreuze und andere Kleindenkmale, die anscheinend von früheren Baugeschehen an der Bergkirche übrig geblieben waren, einsetzen ließ uns sie also auf diese Weise vor dem Verfall bewahrte. So finden wir hierzu auch als Hinweis im ältesten Rödersdorfer Kirchenbuch von 1692 folgenden Eintrag: "In diesem Jahr sind die Kirchfenster von tit. M. Joh. Gabriel Hartung dem Glaser verdingt und von ihm bezahlt worden. Kosten über 2 Reichstaler. Gott vergelt es ihm". Und an anderer Stelle heißt es: "12 Gr. hat der Herr Superintendent tit. M. Joh. Gabriel Hartung zum Kirchfenster legiert". Mit großer Wahrscheinlichkeit kann also angenommen werden, dass jener kunstsinnige Superintendent das Deutschordenskreuz am Rödersdorfer Kirchturm anbringen ließ. Nochmals sei daran erinnert, daß Rödersdorf sowie die Mutterkirche in Göschitz zu keiner Zeit den Deutschordensherren aus Schleiz unterstanden.